Hightech-Forum -

“Der Staat kann in seiner Rolle als Daten- und Wissensproduzent als Vorbild vorangehen”

Interview mit Prof Dr. Dr. Andreas Barner

Hier finden Sie das Impulspapier „Offene Wissenschaft und Innovation“

Andreas Barner ist seit 2013 Präsident des Stifterverbandes. Von 2009 bis 2016 war er Vorsitzender der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim, im Juli 2016 wechselte er in den Gesellschafterausschuss. Andreas Barner ist Mitglied des Senats und des Verwaltungsrats der Max-Planck-Gesellschaft, Honorarprofessor der Universität Freiburg und Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland. 2016 – 2019 war er Kuratoriumsvorsitzender der FAZIT-STIFTUNG, seit 2019 ist er Vorsitzender des Aufsichtsrats der FAZ GmbH.

Im Hightech-Forum ist Professor Barner Sprecher für das Beratungsthema „Offene Wissenschaft und Innovation“. Außerdem hat er im Thementeam „Wege zum 3,5-Prozent-Ziel“ Empfehlungen mit erarbeitet, wie in Deutschland mehr geforscht werden kann.

Im Interview spricht Professor Barner über die Bedeutung von Offenheit für die Wissenschaft und darüber, wie das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zum Motor für Innovation werden kann.

Das Hightech-Forum fordert Umdenken in Richtung einer offenen Wissens- und Innovationskultur

In seinem Impulspapier zum Thema „Offene Wissenschaft und Innovation“ fordert das Hightech-Forum die Politik auf, mit einer Nationalen Agenda Anreize für mehr Offenheit zu setzen. Nur so können Wissen und Innovationen für die Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit nutzbar gemacht werden und neue Geschäftsmodelle entstehen.

Nicht zuletzt die COVID19-Pandemie zeige, wie entscheidend der rasche Zugang zu Daten in Verbindung mit internationaler und offener FuE-Zusammenarbeit für die Gesellschaft sei.

Zum Papier “Offene Wissenschat und Innovation”

Herr Professor Barner, warum ist es gerade jetzt wichtig, dass ein Umdenken in Richtung einer offenen Wissens- und Innovationskultur stattfindet?

Wir sehen, dass in Deutschland Innovationen aber auch Forschungsprozesse in der Wissenschaft und in Unternehmen von Austausch profitieren können. Offenheit beschleunigt Forschungsprozesse, Offenheit vergrößert aber auch die Forschungsmöglichkeiten und damit die Ergebnisvielfalt. Gerade die Pandemie mit dem Corona Virus, COVID-19, hat in beeindruckender Weise gezeigt, welch Mehrwert durch eine offene Interaktion der Wissenschaft geschaffen werden kann. In gewisser Weise war dies für Deutschland neu, aber auch international eine beeindruckende Entwicklung.

Was sind die zentralen Empfehlungen des Papiers „Offene Wissenschaft und Innovation“ des Hightech-Forums?

In seinem Papier betont das Hightech-Forum die Chancen einer strategischen Öffnung für das deutsche Innovationssystem: Die Datenschätze der Wissenschaft, der Unternehmen und öffentlichen Verwaltung müssen noch besser als bisher zum Wohle der Gesellschaft genutzt werden. Forschung und Innovation können zudem gewinnen, wenn unterschiedliche Wissensgeber beteiligt werden – von der Forschungsfrage und Bedarfsermittlung bis zur Geschäftsmodellentwicklung. Dies erfordert einen Kulturwandel auf allen Seiten. Im Wissenschaftssystem müssen die Einbindung der Gesellschaft und das frühzeitige Teilen von Daten stärker gefördert und belohnt werden als bisher. Unternehmen und Forschungsinstitutionen aus Deutschland schließen sich bereits internationalen Initiativen an, die erfolgreiche Open Science-Ansätze nutzen. Sie sollten aktiver werden und strategische Projekte und Kooperationen aus Deutschland heraus starten.

 

„ Im Wissenschaftssystem müssen die Einbindung der Gesellschaft und das frühzeitige Teilen von Daten stärker gefördert und belohnt werden als bisher.“

 

Wie kann der Staat dazu beitragen, eine „Kultur der Offenheit“ zu etablieren?

Der Staat kann in seiner Rolle als Daten- und Wissensproduzent als Vorbild vorangehen. Nicht nur indem er öffentliche Daten rechtskonform für die Forschung und Gesellschaft zugänglich macht, etwa als Teil der Forschungsförderung, sondern indem er die notwendigen Rahmenbedingungen und Infrastrukturen schafft. Hierzu gehören die Weiterentwicklung einer agilen Forschungsförderung, der Aufbau von Datenplattformen und Standards, sowie Rechtssicherheit für das Teilen und Nutzen von Daten.

Sie engagieren sich im Hightech-Forum im Thementeam zu „Offene Wissenschaft und Innovation“. Was nehmen Sie aus dieser Arbeit ganz persönlich für sich und Ihre Arbeit mit?

Mein Eindruck ist, dass in der Politik in den vergangenen Jahren die Bedeutung der Offenheit und Transparenz zunehmend erkannt wurde, sowie weniger als Verpflichtung, sondern mehr als Chance gesehen wird. Allerdings summiert Offenheit nur, wenn es eine Symmetrie der Offenheit gibt, und nicht die Erwartung vorherrscht, dass der Andere offen sein sollte, man selbst aber nicht.