Impulspapier: Wege zum 3,5-Prozent-Ziel

Veröffentlicht am: 24. Juni 2019

Neue Strategien für die Forschungspolitik: gesellschaftliche Beteiligung stärken, Reallabore ausbauen, steuerliche Forschungsförderung insbesondere an den Bedürfnissen des Mittelstandes ausrichten – das sind Schwerpunkte des Impulspapiers „Wege zum 3,5-Prozent-Ziel“, welches unter Federführung von Prof. Dr. Dr. Andreas Barner, Dr. Martin Brudermüller und Johannes Oswald nach den Beratungen im Hightech-Forum veröffentlicht wurde. Darin werden Impulse gegeben, wie Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) angeregt werden können. Hintergrund ist das Ziel der Bundesregierung, den Anteil der FuE-Investitionen bis 2025 auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern

1Forschung für eine nachhaltige Wertschöpfung

Forschung und Innovation leisten einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherung, zur Wettbewerbsfähigkeit und zum gesellschaftlichen und sozialen Fortschritt. Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens, dass insbesondere der Staat und die Wirtschaft langfristig und substanziell in Forschung und Entwicklung (FuE) investieren müssen. Der Anteil der Investitionen in FuE am Bruttoinlandsprodukt – davon 2/3 aus der Wirtschaft, 1/3 aus der öffentlichen Hand – ist hierfür ein weithin verbreiteter quantitativer Indikator. Gesellschaftliche, ökonomische, fiskalische, technologische und rechtliche Aspekte der Innovations- und Forschungsförderung stellen weitere, indirekte Einflussfaktoren auf das 3,5-Prozent-Ziel dar. Sie bilden den Schwerpunkt dieser Publikation des Hightech-Forums.

Einflussfaktoren zur Erreichung des 3,5-Prozent-Ziels, die im vorliegenden Impulspapier behandelt werden:

Hightech-Forum -

2Strategische Ausrichtung der Forschungspolitik

Nur mit einer gemeinsamen und abgestimmten europäischen FuE-Politik wird sich Deutschland weiterhin im internationalen Wettbewerb behaupten können. Hierzu sollten die Maßnahmen der Hightech-Strategie 2025 mit einer langfristig orientierten Industriestrategie und der Nachhaltigkeitsstrategie verzahnt werden. Damit verbunden ist auch eine stärkere Förderung von sozialen Innovationen. 

Strategische Wertschöpfungsnetzwerke entwickeln: Es gibt eine zunehmende nationale Orientierung anderer Forschungsstandorte, wie es in China und den USA zu beobachten ist. Damit Deutschland seinen Standort attraktiv und wettbewerbsfähig halten kann, sollte verstärkt multilateral zusammengearbeitet werden, was dem heimischen und europäischen FuE-Standort zugutekommt. Ein neuer, strategischer Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sollte angestoßen werden, um gemeinsam eigene Interessen und FuE-Schwerpunkte zu identifizieren, welche strategisch zu einer global führenden Rolle ausgebaut werden. Deutschland und die EU sollten sich stärker als Leitmarkt für Standardisierungen vor allem bei digitalen Anwendungen entwickeln. Die Orientierung an internationalen Zielen und Werten, wie dem UN Global Compact und den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs), sollte bei der Entwicklung von Prozessen und Produkten als Wettbewerbsvorteil begriffen werden.

Schwerpunkte und Synergien schaffen: Forschungsstrategien auf nationaler wie EU-Ebene sollten darauf ausgerichtet sein, den Standort in wichtigen Technologiefeldern handlungsfähig zu halten. Schwerpunkte der Forschung sollten Zukunftsthemen1 sein, in denen das Potenzial besteht, eine global führende Rolle einzunehmen, insbesondere Digitale Transformation, Bioökonomie, Gesundheit, Innovationen für die Kreislaufwirtschaft und Energieeffizienz sowie Mobilität der Zukunft. Mehr Synergien zu europäischen FuE-Programmen und ein Brückenschlag der Missionen der Hightech-Strategie 2025 zu jenen des Programms Horizon Europe sind anzustreben.

Weiteres Innovationspotenzial nutzen: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sollten diskutieren, welches Innovationspotenzial z. B. in der Sicherheits- und Verteidigungsforschung (Cybersecurity, Resilienz, Luft- und Raumfahrttechnik, Telekommunikation etc.) besteht – gerade auch mit Blick auf die zivile Nutzung. Dadurch können auch Synergien bei der Erfüllung des 2-Prozent-Ziels für Verteidigung und des 3,5-Prozent-Ziels erreicht werden. Für einzelne Institutionen besteht gleichzeitig die Möglichkeit, die Zivilklausel2 anzuwenden. Zugleich sollte auch die internationale Friedens- und Konfliktforschung gestärkt werden.

Rahmen für Innovation und Verantwortung setzen: Die Sicherstellung der Innovationsfähigkeit ist ein wichtiges Element staatlicher Daseinsvorsorge.3 Es bestehen unterschiedliche Positionen, wie bei Gesetzesvorhaben das Vorsorge- und das Innovationsprinzip ausgewogen berücksichtigt werden können. Deshalb sollte im Rahmen eines Stakeholder-Prozesses mit Vertretern der Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert werden, wie die Anwendung beider Prinzipien miteinander in Einklang gebracht werden kann.

Fiskalische Priorität sichern: Öffentliche Investitionen in Forschung und Innovation müssen auch zukünftig höchste Priorität in der Gestaltung öffentlicher Haushalte haben. Dabei gilt es, die Forschungs- und Innovationspolitik als Gesellschaftspolitik zu positionieren, die zu sozialen, ökologischen und ökonomischen Zielen beiträgt.

Breites Innovationsverständnis verankern: Soziale Innovationen können vom technologischen Fortschritt hervorgerufen werden, ihn komplementär ergänzen oder auch unabhängig von ihm entstehen.3 Soziale Innovationen können insbesondere ein Bindeglied zwischen der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen und neuen Geschäftsmodellen der Plattformökonomie sein, die Möglichkeiten für bessere und nachhaltigere Formen des Zusammenlebens bieten. Es sollte diskutiert werden, welche Optionen bestehen, soziale Innovationen stärker zu unterstützen.


3Neue Innovationsformate

Die derzeitige Zusammenarbeit der Akteure aus der Forschung wie auch aus anderen gesellschaftlichen Bereichen muss weiterentwickelt und gefördert werden, um in immer kürzeren Zeiträumen und über wissenschaftliche Disziplingrenzen hinweg Neuerungen hervorzubringen. Dafür werden neue, agile Formate benötigt.

Regulierung abbauen und effizient gestalten: Reallabore sollen Wissenschaft, Wirtschaft und dem öffentlichen Sektor zeitlich und räumlich begrenzt die Erprobung „smarter“ Regulierungsansätze für neue Technologien eröffnen. Dies erfordert seitens der Politik die Bereitschaft, die Flexibilität des Rechtsrahmens auszuschöpfen, Experimentierklauseln verantwortungsvoll einzusetzen und mittels Wirkungsabschätzungen die Umsetzbarkeit zu befördern. Regulierung sollte insgesamt effizienter gestaltet und das One-in-one-out-Prinzip umfassend angewendet werden.

Sichtbarkeit schaffen: Um wissenschaftlichen Nachwuchs anzulocken und Investitionen anzuregen, sollte die Forschung zu gesellschaftlichen Herausforderungen und bedeutende Technologiethemen strategisch gebündelt und an (regionalen) Schwerpunkten mit internationaler Bedeutung ausgebaut werden („Mut gegen die Gießkanne“). Eine strategische Vermarktung deutscher FuE-Standorte sollte neben Finanzierungs- und Investitionsangeboten auch das Fachkräfteangebot adressieren.

Innovationskapazität des Mittelstands fördern: Bürokratische Anforderungen im Innovationsprozess machen vielen Unternehmen zu schaffen (z. B. der Zeit- und Kostenaufwand bei Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, Produktvorschriften und regulatorischen Anforderungen). Das Entschlacken bürokratischer Verfahren hilft Unternehmen, ihre Innovationstätigkeit zu verstärken. Daher sollte die Politik Innovationshemmnisse, die sich aus dem geltenden Recht für Unternehmen ergeben, abbauen. Auch eine unbürokratischere Forschungsförderung sollte angestrebt werden (z. B. durch vereinfachte Antragsverfahren und zügige Bearbeitungszeiten).

Voraussetzungen für Sprunginnovationen schaffen: Um Ideen mit Disruptionspotenzial in die Anwendung zu bringen, spielen technologieoffene Förderansätze eine große Rolle. Sie ermöglichen eine schnelle Marktdurchdringung und das Setzen neuer Standards. Programmmanager sollten über große Freiheitsgrade bei der Themenbearbeitung verfügen.


4Wissens- und Technologietransfer

Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, Forschung so auszugestalten, dass die Ergebnisse der Grundlagenforschung schnell und erfolgreich in den Markt überführt werden können und zu Wertschöpfung in Deutschland und Europa führen. Voraussetzung dafür ist ein Innovations-Ökosystem, das auf allen Ebenen die Diffusion von Ideen und Forschungsergebnissen sowie ihre Weiterentwicklung zur Marktreife ermöglicht.

Exzellente Grundlagenforschung und effizienten Transfer fördern: Der politisch geäußerte Wunsch nach mehr Transfer darf nicht zur Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit in der Grundlagenforschung führen. Eine exzellente Grundlagenforschung legt den Grundstein für Innovationen. Die Akteure im Wissenschaftssystem agieren weiterhin gemäß ihren Aufgaben und kooperieren untereinander gemäß ihren Stärken. Dies bezieht Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und ausdrücklich auch die Fachhochschulen ein. Ziel ist es, Grundlagen- und angewandte Forschung sowie den Wissenstransfer einerseits anhand institutioneller Stärken der Wissenschaftseinrichtungen auszurichten und andererseits zwischen ihnen effiziente Kooperationsformate zu entwickeln.

„Transfer über Köpfe“ fördern: Um personelle Wechsel zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung zu erleichtern, sollten berufliche Laufbahnen etwa durch neue Formate der Personalentwicklung durchlässiger gestaltet werden. Die Vermittlung innovationsrelevanter Fähigkeiten (z. B. entrepreneurship, data literacy) sollte insbesondere an den Hochschulen vorangetrieben werden.

Transferinstrumente weiter stärken: Eine starke Validierungsförderung (z. B. VIP+) ist die Grundlage, um frühzeitig herauszufinden, ob Ergebnisse aus der Grundlagenforschung das Potenzial für eine erfolgreiche Überführung in eine wirtschaftliche Anwendung haben. Für bewährte Instrumente wie etwa die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) oder das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) ist weiterhin zusätzliches Kapital zu mobilisieren. Dies beschleunigt den Transfer wissenschaftlicher Lösungen insbesondere in die wenig bis gar nicht FuE-betreibenden Unternehmen. Transfer beinhaltet aber auch die Perspektive, dass Unternehmen Forschungs- und Entwicklungsbedarf haben, den Hochschulen verstärkt aufgreifen sollten. Wie der Technologietransfer kann auch der Erkenntnistransfer in erheblichem Maße Innovationen fördern und wichtige Instrumente der Partizipation und des Dialoges bereitstellen.

Wagniskapital für Gründungen mobilisieren: Hightech-Start-ups ziehen häufig FuE nach sich und sollten daher gezielter adressiert werden (z. B. durch „Gründer-Scouts“ an Hochschulen). Um Start-ups stärker in FuE-Verbundprojekte einbinden zu können, sollten die Bonitätskriterien für Start-ups angepasst werden. Das in anderen Ländern stärker verfügbare Risikokapital kann mittelfristig zur Abwanderung von FuE-Kompetenz führen. Um dem entgegenwirken zu können, sind in Deutschland und Europa mehr technologieorientierte Fonds mit stark erweiterter Mittelausstattung notwendig. Dies trägt auch dazu bei, die Hightech-Start-ups besonders in ihrer Wachstumsphase effektiv unterstützen zu können. Zusätzliches Wagniskapital sollte durch gezieltes Anwerben ausländischer Investoren bereitgestellt werden. Initiativen, welche das private Anlagevermögen für Hightech-Gründungen und FuE mobilisieren, sollten gestärkt werden.


5Stimulation von Forschungsinvestitionen

Die öffentliche Hand muss ihren Anteil an den Forschungsausgaben in Deutschland sichtbar erhöhen und Maßnahmen ergreifen, mit denen das 3,5-Prozent-Ziel bis 2025 unter Mitwirkung der Unternehmen erreicht werden kann. Die Bedeutung von Innovation für unsere Zukunft muss ein prioritäres Element der Regierungspolitik werden.

Steuerliche Forschungsförderung wirksam einführen: Die steuerliche Forschungsförderung sollte nun zügig verabschiedet werden, damit sie zum 1. Januar 2020 in Kraft treten kann. Da im Besonderen mittelständische Unternehmen häufig nicht über eigene FuE-Abteilungen verfügen, sollte die externe Auftragsforschung beim Auftraggeber ansetzen. Eine Deckelung auf einen Maximalbetrag würde Potenzial ungenutzt liegen lassen.

Neue Formate für mehr Forschernachwuchs: Gegenwärtig überschreitet der Bedarf an ausgebildeten Nachwuchskräften das zur Verfügung stehende Angebot; in Deutschland verstärkt durch die demografische Entwicklung. Damit sich die Hochschulen neben der Forschung stärker der Aus- und Weiterbildung widmen können, brauchen sie entsprechende Spielräume. Für eine gezielte Gewinnung von FuE-Personal sollten auch die Möglichkeiten der Zuwanderungspolitik ausgeschöpft und Hürden bei der Anerkennung von im Ausland absolvierten Abschlüssen weiter abgebaut werden.

Wissen gewinnen und nutzen: Deutsche Unternehmen betreiben bereits intensiv die Wissensbeschaffung im Ausland und tragen dort auch zur Wissensgenerierung bei. Diese Aktivitäten im Ausland sollten durch geeignete Mechanismen (z. B. Deutsche Häuser, Nationale Plattformen zur Wissensdiffusion) aktiv unterstützt werden, um diese Wissenszuflüsse in den Standort Deutschland bzw. EU aufzuwerten und stärker nutzbar zu machen.

Neue Ansätze der Innovationsförderung erproben: Erfolgreiche Beispiele aus dem Ausland, welche privates Kapital für FuE hebeln, sollten systematisch ausgewertet und auf Übertragbarkeit hin überprüft werden. Die Rolle privat finanzierter missionsorientierter Innovationswettbewerbe (z. B. X-Prize) sowie die Hebelung von FuE-Kapital aus privater Hand oder von Stiftungen durch staatliche Mittel (Matching-Funds) sollten stärker diskutiert werden.


6Innovation und Beteiligung

Die Entwicklung neuer Technologien und Innovationen sollte von vornherein und umfassend durch gesellschaftliche Beteiligungsprozesse begleitet werden. Dazu gehört auch ein kontinuierlicher Diskurs über den gesellschaftlichen Nutzen von Forschungsergebnissen. Dies schließt die Reflexion möglicher Chancen und Risiken der Anwendung der Forschungsergebnisse mit ein.

Beteiligungsformate ausbauen: Im Rahmen von interdisziplinärer Begleitforschung sollte versucht werden, die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen technologischer Neuerungen zunehmend besser zu verstehen. Innovation muss mit ganz neuen Formen von Partizipation verbunden werden, um die Forschung an gesellschaftlichen Werten, Zielen und Bedarfen auszurichten (z. B. durch „Responsible Research and Innovation (RRI)“-Ansätze4). Hierfür sollten Vertreterinnen und Vertreter aus allen gesellschaftlichen Gruppen, auch im Sinne einer breiten Politikberatung, stärker eingebunden werden (bottom-up und top-down). Im Zuge dessen muss auch diskutiert werden, inwieweit ein fester Prozentsatz der staatlichen FuE-Ausgaben in Beteiligungsformate und Dialoge mit der Öffentlichkeit investiert werden sollte.

Neue Kommunikationsformate einsetzen: Um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, sollten Informationen zu Forschungsergebnissen so aufbereitet werden, dass sie dem Mediennutzungsverhalten ihrer Zielgruppe entsprechen (z. B. soziale Medien für die Ansprache junger Zielgruppen). Eine authentische Kommunikation kann vor allem durch den direkten Dialog der Akteure im Innovationsprozess wie auch durch konkrete, anfassbare Exponate entstehen. Auch Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können dazu beitragen, indem sie Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen ein Gesicht geben.

Anreize für Forscher schaffen: Die Wissenschaft muss für ihre Positionen eintreten und diese auch in der Öffentlichkeit vertreten. Dabei spielt vor allem auch der Wissenstransfer durch Wissenschaftskommunikation eine wichtige Rolle. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten sowohl für ihren Output (Publikationen, Patente, Transfer) als auch für ihren weiteren gesellschaftlichen Beitrag durch entsprechende Anreizsysteme belohnt werden, etwa in Berufungsverfahren.


7Kultur und Gesellschaft

Innovation ist kein Selbstzweck, sondern Mittel, auch in Zukunft Wohlstand sicherzustellen, sozialen Fortschritt zu fördern und ökologische Verträglichkeit des menschlichen Wirkens zu erreichen.

Den Nutzen von Innovationen in den Mittelpunkt stellen: Wissenschaftskommunikation sollte nicht nur einzelne Technologien in den Mittelpunkt stellen, sondern ihren systemischen Mehrwert bis hin zur Ebene des einzelnen Bürgers oder der Natur und Umwelt aufzeigen. Durch eine einfache und klare Sprache kann der Dialog über den Nutzen von Innovationen angeregt werden.

Ethische Aspekte berücksichtigen: Vorrangiges Ziel des Innovationsprozesses sollte es sein, durch die Anwendung von Forschungsergebnissen ökonomischen, ökologischen und sozialen Fortschritt zu erreichen. Begleitend dazu ist die gesellschaftliche Einbettung wichtig. Über die Verknüpfung von ökonomischer Verwertung von Forschung mit Grundsätzen der Ethik und der Nachhaltigkeit sollte zu Beginn des FuE-Prozesses proaktiv gesprochen werden.

Bildung früh anlegen: Technologiekompetenz sollte durch früh ansetzende Bildungsmaßnahmen unterstützt werden, um die Fähigkeit zu befördern, sich in gesellschaftliche Beteiligungsprozesse einzubringen. Bereits in der frühkindlichen und schulischen Bildung müssen die Neugier auf und ein Verständnis von Innovation und Technologien entwickelt werden. Hier sollte auch die Rolle der dualen Berufsausbildung in den Blick genommen werden. Eine besondere Bedeutung kommt der MINT-Bildung und der Reflexionskompetenz zu, welche die Bildungspolitik bisher nur unzureichend berücksichtigt.


8Annex

Aktuelle Lage

Der Anteil der Investitionen für Forschung und Entwicklung am BIP ist ein wichtiger Indikator im internationalen Standortwettbewerb. Deutschland hat sich verpflichtet, den Anteil der FuE-Ausgaben bis 2020 oberhalb von 3 Prozent zu halten. Erstmalig wurde dieses Ziel im Jahr 2015 knapp erreicht, die Wirtschaft leistete mit 60,51 Mrd. Euro ein Anteil von 66 Prozent und der Staat mit 25,11 Mrd. Euro einen Anteil von 27 Prozent.5 Angesichts dessen legten sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag Anfang 2018 fest, bis 2025 die FuE-Investitionen auf einen Anteil von mindestens 3,5 Prozent am BIP zu steigern. Diese ehrgeizige Zielsetzung wird von Kommissionen und Beratungsgremien begrüßt.3,6,7 Die einstige Zielmarke wurde in Deutschland mit 3,03 Prozent erstmalig im Jahr 2017 überschritten, nicht zuletzt aufgrund des deutlichen Zuwachses der Forschung der Automobilindustrie.8 Lediglich Dänemark, Schweden und Österreich investierten anteilig mehr in FuE als Deutschland, der EU-28-Durch- schnitt lag bei 2 Prozent.9 Länder wie Israel, Südkorea (beide rund 4,5 Prozent) sowie die Schweiz (3,3 Prozent) sind 2017 international führend.

 

Über dieses Impulspapier

Das vorliegende Impulspapier wurde im aktuellen Hightech-Forum auf der Sitzung am 5. Juni 2019 beraten und kommentiert. Es stellt keinen einstimmigen Beschluss des Gremiums dar.

Dieses Impulspapier wurde von den Mitgliedern des Thementeams „Wege zum 3,5-Prozent-Ziel“ des Hightech-Forums Dr. Martin Brudermüller, Prof. Dr. Dr. Andreas Barner und Johannes Oswald erarbeitet, mit dem Ziel, die Bundesregierung bei der Umsetzung der Hightech-Strategie 2025 zu beraten.

Es beruht auf den Beiträgen aus einem Expertenworkshop „Wege zum 3,5-Prozent-Ziel“ mit 40 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vom 10. April 2019 in Berlin sowie der Beratung durch die Mitglieder des Hightech-Forums. Es baut inhaltlich auf der Arbeit des Hightech-Forums 2015 – 2017 auf.

 

Danksagung und beteiligte Organisationen

Die Mitglieder des Hightech-Forums bedanken sich bei den folgenden Organisationen, für Impulse und Anregungen während des Workshops am 10. April 2019 in Berlin:
acatech, Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“(AiF), Austrian Institute of Technology (AIT), BASF, Bitkom, BMBF, BMWi, Boehringer Ingelheim, Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW ), Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), Fraunhofer ISI, High-Tech Gründerfonds (HTGF), Hochschulrektorenkonferenz (HRK), imk automotive Chemnitz, Körber-Stiftung, Leibniz-Gemeinschaft, Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Oswald Elektromotoren, Prognos, Schaeffler, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI), Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende, Zuse-Gemeinschaft.

 

Redaktionsschluss
20. Juni 2019

 

Literaturverzeichnis

1 Cybersicherheit, digitale Plattformen und Industrie 4.0, Bioökonomie, Interaktion mit kognitiven Systemen, individualisierte Medizin und synthetische Biologie, Mobilität – elektrisch, vernetzt und automatisiert, vgl. Hightech-Forum (Hrsg.) 2017: Gemeinsam besser: Nachhaltige Wertschöpfung, Wohlstand und Lebensqualität im digitalen Zeitalter – Innovationspolitische Leitlinien des Higtech-Forums. Berlin. S. 46 ff. Zum Download verfügbar auf www.hightech- forum.de.

2 vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Zivilklausel | Letzter Zugriff am 14.6.2019.

3 Hightech-Forum (Hrsg.) 2017: Gemeinsam besser: Nachhaltige Wertschöpfung, Wohlstand und Lebensqualität im digitalen Zeitalter – Innovationspolitische Leitlinien des Hightech-Forums. Berlin. S. 20 und S. 38.

4 https://publications.europa.eu/en/publi- cation-detail/-/publication/bb29bbce-34b9- 4da3-b67d-c9f717ce7c58 | Letzter Zugriff am 14.6.2019.

5 Rainer Frietsch, Christian Rammer, Michael Astor, Marius Berger, Stephanie Daimer, Martin Hud, Cordula Klaus, Christian Lerch, Jan Limbers, Peter Neuhäusler, 2017: Schrittweise Erhöhung der FuE-Quote auf bis zu 3,5 % des BIP – Instrumente und Auswirkungen auf volkswirtschaftliche Kennzahlen. Abschlussbericht. Aktualisiert im Januar 2019. S. 4 ff.

6 EFI – Expertenkommission Forschung und Innovation 2013 und 2017: Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands, Berlin.

7 Forschungsunion Wissenschaft – Wirtschaft (2013): Perspektivenpapier der Forschungsunion: Wohlstand durch Forschung – Vor welchen Aufgaben steht Deutschland? S. 77.

8 Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Mai 2019.

9 https://data.oecd.org/rd/gross-domestic- spending-on-r-d.htm | Letzter Zugriff am 14.6.2019.

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